Quelle:DGB Rechtsschutz
Maria hat einen Arbeitsunfall erlitten. Sie ist seither
schwerbehindert. Ihr Arbeitgeber kürzt ihren Lohn, als er erfährt, dass Maria
von der Berufsgenossenschaft eine Unfallrente bekommt. Er meint, sie dürfe
wegen des Gleichheitsgrundsatzes „insgesamt“ nicht mehr verdienen als ein nicht
behinderter Kollege. Ob diese Auffassung zutrifft, erfahren Sie hier.
Zur Frage der Anrechenbarkeit von Renten, die auf einer
Schwerbehinderung beruhen, gibt es eine spezielle gesetzliche Regelung. Denn §
206 des Sozialgesetzbuches IX lautet:
„(1) Bei der Bemessung des Arbeitsentgelts und der
Dienstbezüge aus einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis werden Renten und
vergleichbare Leistungen, die wegen der Behinderung bezogen werden, nicht
berücksichtigt. Die völlige oder teilweise Anrechnung dieser Leistungen auf das
Arbeitsentgelt oder die Dienstbezüge ist unzulässig.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Zeiträume, in denen die
Beschäftigung tatsächlich nicht ausgeübt wird und die Vorschriften über die
Zahlung der Rente oder der vergleichbaren Leistung eine Anrechnung oder ein
Ruhen vorsehen, wenn Arbeitsentgelt oder Dienstbezüge gezahlt werden.“
Renten und vergleichbare Leistungen
Nach dieser Vorschrift darf der Arbeitgeber Renten oder
vergleichbare Leistungen weder ganz noch teilweise auf das Arbeitsentgelt
anrechnen. Voraussetzung ist allerdings, dass Maria die Renten oder Leistungen
wegen ihrer Schwerbehinderung bezieht. Das ist der Fall, wenn die Gewährung der
Rente oder der ähnlichen Leistung dieselbe Ursache wie die Schwerbehinderung
haben. Diese Voraussetzung ist bei Maria erfüllt, denn der Arbeitsunfall,
wegen dessen sie die Unfallrente bekommt, hat auch zu ihrer Schwerbehinderung
geführt. Dasselbe gilt, wenn Maria etwa eine Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung erhält und wegen den gleichen Erkrankungen schwerbehindert
ist.
Das Anrechnungsverbot gilt unabhängig davon, aufgrund
welcher Anspruchsgrundlage (Arbeits- oder Tarifvertrag, betriebliche Übung . .
.) Maria ihr Arbeitsentgelt beanspruchen kann.
Abdingbarkeit Das Anrechnungsverbot können Arbeitgeber weder durch entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag noch etwa durch eine Betriebsvereinbarung außer Kraft setzen oder einschränken. Versuchen sie es trotzdem, ist die Regelung nichtig.
Geltungsbereich der Vorschrift
Das Anrechnungsverbot kommt nicht nur schwerbehinderten
Menschen zugute. Auch Menschen, die mit Schwerbehinderten gleichgestellt sind,
können von der gesetzlichen Regelung profitieren.
Da diese Regelung ausdrücklich auch
„Dienstbezüge“ nennt, können sich auch schwerbehinderte oder
gleichgestellte Beamt*innen darauf berufen.
Wie kann sich Maria wehren?
Rechnet Marias Arbeitgeber die Unfallrente trotz des gesetzlichen
Verbots an, bleibt ihr Entgeltanspruch in Höhe der Anrechnung bestehen. Maria
kann diesen Anspruch also beim Arbeitsgericht einklagen. Dabei muss sie aber
auf eventuelle Ausschlussfristen achten, die sich aus ihrem Arbeitsvertrag oder
einem Tarifvertrag ergeben, der auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. Und
sie muss darauf achten, dass sie ihre Ansprüche geltend macht, bevor sie
verjährt sind